Umgang mit der Nachricht

Und die ständige Frage nach dem WARUM

Auf der einen Seite war ich total erleichtert, dass ich nun wusste, was 22 Wochen mit mir nicht stimmte, auf der anderen Seite hatte ich einen riesen Kloß im Hals, denn jeder würde natürlich fragen, ob alles ok sei mit Bettinerich. Was antwortet man darauf? „Ja, ja passt schon, fehlt aber ne Hand?“ – ich hatte keine Ahnung. Ich schleppte mich irgendwie zum Auto, das Gott sei Dank in der Tiefgarage geparkt war und heulte erst einmal los. Eine Viertelstunde stand ich da noch, bevor mir einfiel, dass ja mein entwertetes Ticket Probleme machen könnte. Also schnell die Tränen einigermaßen wegwischen und durch die Innenstadt quälen. Nur raus aus der Stadt. Auf die Schnellstraße, auf der keiner mehr Notiz von einem nimmt, und auf der man super erneut losplärren kann. Irgendwie schaffte ich es auf die Nachricht meines Mannes, ob alles okay sei, mit: „Nein, wir müssen reden!“, zu antworten. Auch einer Freundin tippte ich schnell auf ihre Nachfrage, dass mit Bettinerich nicht alles 100% tippi toppi sei. Aber WIESO??? Denn schließlich rauchte ich nicht, konsumierte keinen Alkohol mehr, kiffte mich nicht zu oder führte sonst irgendwie ein Leben auf der Überholspur. Gelang es mir tatsächlich in meinem Leben mein ständiges Pech und meinen ständigen Kampf in Sachen Gesundheit auch noch auf meinen Nachwuchs zu übertragen? Nach wie vor würde ich ALLES von mir geben, wenn mein Kind gesund zur Welt kommen könnte, aber dies liegt ja leider nicht in menschlicher Hand.

Zuhause angekommen, fiel ich nur meinem Ehemann in die Arme und heulte noch einmal wie ein Schlosshund. Gott sei Dank war mein Großer im Kindergarten. „Steht es so schlimm um Bettinerich?“, frug mich mein Mann und ich hörte seine Verzweiflung in der Stimme. Als ich ihm mitteilte, dass eine Hand fehlte, hatte ich den Eindruck, dass er erleichtert war. Wahrscheinlich hätte er mit noch einer viel schlimmeren Nachricht gerechnet. „Das kriegen wir schon hin“, hörte ich ihn zwischen meinem Schluchzen sagen. „Das kriegen wir hin??? Wie kann man denn so etwas sagen?“, dachte ich mir. Meine Welt war zusammengebrochen. Jeder denkt immer, gesunde Kinder zu bekommen, sei völlig normal, bis das Schicksal zum miesen Verräter wird. Und es blieb die Frage nach dem WARUM?

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