Am allermeisten freute ich mich zuhause auf meinen Mann, meinen Großen und meinen Hund. Klar, der Stress ist zwar damit auch vorprogrammiert, aber ich vermisste alle so wahnsinnig. Am meisten war ich darauf gespannt, wie mein Erstgeborener auf seinen schon vorher heiß geliebten „Brudi“ reagieren würde. War er vielleicht doch nicht so begeistert? Wird er eifersüchtig sein? Was wird er zum Händchen sagen? Und wie wird Mama begrüßt, die ja nun insgesamt doch vier Tage weg war.
Dass mein Hund den Kleinen einmal abschleckt , “Meins” sagt und ihn wie seinen eigenen Welpen akzeptiert und sich zukünftig unter den Stubenwagen/ das Bettchen etc. legen wird, war mir fast klar, aber mit der Reaktion meines Sohnes hätte ich nicht gerechnet…
Er stürmte ins Haus (kam von meinen Schwiegereltern), fragte nur wo sein Brudi sei und wiederholte dann ständig, wie süß er wäre. Mamasehnsucht??? Totale Fehlanzeige ☹!
Was die Hand anbelangt, sind Kinder so unbefangen und akzeptieren einfach jeden Menschen, so wie er ist. Da sollten wir Erwachsenen uns mal ne ganz dicke, fette Scheibe von abschneiden. Er kommentierte die kleine Besonderheit seines Brudis nur mit: „Oh, der Brudi hat nur eine Hand“. Später fügte er hinzu, dass man ja den Verband (Stulpen des Bodys) wegmachen könne und dann wachse die Hand schon wieder nach. Natürlich hat er als Zweijähriger realisiert, dass sein Geschwisterchen anders ist, aber das ist ihm sowas von egal, dass es mich manchmal zu Tränen rührt. Er liebt ihn einfach gänzlich, wie er ist und das ist so unfassbar toll.
Was die Erwachsenen anbelangt, hatte ich das Gefühl, dass es Unterschiede zum Erstgeborenen gab. Meine Schwiegereltern verhielten sich wie immer und besuchten den kleinen neuen Erdenbürger sofort nach seiner Ankunft. Auch meine Eltern richteten es so schnell wie möglich ein, uns einen Besuch abzustatten, wobei mein Papa im Umgang mit Samu etwas ängstlich wirkte. Ich erinnere mich allerdings nicht, ob das vor zwei Jahren ähnlich war…
Andere enge Familienmitglieder hingegen (bis auf meine Schwester und einen meiner Schwager) hielten es plötzlich nicht mehr für nötig, zu gratulieren; weder persönlich noch via Karte. Ich weiß nun natürlich nicht, ob das an dem Händchen unserer Maus liegt oder ob sich das Verhalten allgemein beim Zweiten verändert. Mich hat es auf jeden Fall schwer getroffen, dass es einige aus der Familie nicht für notwendig erachteten, den kleinen Mann zu begrüßen, wie sie es bei Lian auch getan hatten.
Aber auch hier gab es natürlich viele liebe und tolle Lichtblicke… Meine Freunde, die Tante meines Mannes sowie mein Cousin mit Freundin und meine Cousine, meine Großtante, meine Schulleitung + Sekretariat + Hausmeister (ich hoffe ich habe niemanden vergessen) und meine Lieblingskollegen hießen Samu Rai auf dieser Welt ganz herzlich willkommen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch ein paar Zeilen einer Kollegin, Mathematikerin, wiedergeben, die sehr spirituell sind und mich wirklich sehr berührten (ob man daran glaubt, muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden):
„Liebe Sue, die 21 steht für die göttliche Fülle. 3 (Einigkeit) = Gott/Himmel; 4 (Himmelsrichtungen) = Erde; 3+4 =7 steht für die Verbindung von Himmel und Erde = die Fülle; 3*7= 21 himmlische/göttliche Fülle. Und diese noch doppelt von allen Seiten. Die 1 in der Mitte steht übrigens für die Einheit und Kreativität. Was willst du mehr für euren Schatz?“
Weiter schrieb sie…
„Die mystische Bedeutung der Zahl 1: In den Augen der Pythagoreer symbolisierte die Zahl 1 die Einheit an sich, den allen Dingen innewohnenden göttlichen Geist. Sie war die aktive Essenz – verglichen mit dem passiven Prinzip, das sich in der 2 manifestierte. Da die 1 alle übrigen Zahlen erzeugt, bildet sie den Anfang der Zahlenreihe und ist in allen Zahlen erhalten. Jeder mit 1 multiplizierte Zahlenwert bleibt unverändert. Für die Pythagoreer war sie daher gleichermaßen keine wie auch jede Zahl.“
Auch Nachbarn spickelten ja nun bei unseren Spaziergängen in den Kinderwagen. Da es nun noch Winter war und wir Samu Handschuhe über die Hände zogen, nicht um etwas zu verstecken, sondern um ihn warm zu halten, konnte niemand seine fehlende Hand bemerken. In diesen Small-Talk-Gesprächen tauscht man sich ja nun kurz aus: „Ja, Corona… schwierige Zeit“, „…wieder ein Bub, ach schön…“ und so weiter… und dann gibt es diesen einen entscheidenden Satz: „Naja, völlig egal, Hauptsache gesund.“ Ja, und da stehe ich nun. Ehrlich gesagt, weiß ich bis heute noch nicht genau, welche Antwort hier die beste wäre. Denn Samu ist ja gesund. Zumindest 90%. Oder doch weniger oder mehr??? Schließlich gibt es viel härtere Schicksale. Es ist dennoch sehr schwierig für mich, mit dieser Anmerkung umzugehen. Auch Freunde erwähnten in letzter Zeit immer, dass man ja dankbar sein müsse, schließlich hätten wir gesunde Kinder zur Welt gebracht. Manchmal möchte ich dann am liebsten laut schreien: „Ja, ihr vielleicht!!!“. Ich weiß nicht, ob das meiner Maus gegenüber nicht fair ist, aber Fakt ist ja auch, dass eine Einschränkung vorliegt. Und wie ich insbesondere zukünftig mit dieser und den Kommentaren dazu umgehe, werde ich definitiv noch lernen müssen. Ein dickes Fell muss man sich wahrscheinlich zulegen, was die Außenwelt anbelangt, und manchmal wohl eben auch im Hinblick auf die eigene Familie – Erfahrungsberichte folgen auf jeden Fall.