Den letzten Satz des Arztes noch im Ohr, strauchelte ich mit meinem kleinen Mausebär und meinem Mann wieder durch das endlose Labyrinth an Klinik. Bereits innerhalb des Gebäudes hätte man sein Parkticket einlösen können, was wir auch versuchten. Schlappe 1,50 Euro zeigte der Automat an. „Hast du noch Kleingeld“, frug mich mein Ehegatte.
Vielleicht kennt ihr ja auch die Momente, in denen ihr das männliche Wesen neben euch gern umtauschen wollt. Ich blitzte ihn an und wenn Augen töten könnten, wäre er vermutlich in diesem Augenblick mal wieder umgekippt. „Du weißt ganz genau, dass ich so gut wie nie Bargeld bei mir habe und fragst mich das jetzt ernsthaft? Wer wollte denn in dieses dämliche Parkhaus fahren und macht sich vorher keine Gedanken darüber, ob er es auch bezahlen kann?“, giftete ich ihn an.
Auch hierbei möchte ich dringend anmerken, dass es mir persönlich scheiß egal gewesen wäre, wegen der Bummelei meines Allerliebsten ein paar Kilometer zu latschen, um den nächsten Bankautomaten aufzusuchen, aber mit einem neun Wochen alten Baby ist das doch eher uncool.
Ich durchsuchte sämtliche Taschen: Wickeltasche, Hosentasche, Jackentasche – lediglich 1 Euro gefunden, es fehlten aber noch 0,50 Cent!!! Ich bereute in diesem Moment, dass ich so oft in meinem Leben bei einigen Menschen, die mich voll schwafelten, dachte: „Hier hast du 0,50 Cent, erzähle es der Parkuhr!“. Was soll ich sagen, das Karma schlägt absolut IMMER bitterbös zurück, bei mir zumindest.
Mein Göttergatte beschwor mich, ich solle doch aufhören zu kruschteln und mit ihm zum Parkhaus laufen, dort werde schon die EC-Kartenzahlung möglich sein. Könne ja schließlich nicht sein bei so einer großen Klinik. Was soll ich sagen??? FEHLANZEIGE. Natürlich gab es KEINEN Automaten mit elektronischer Bezahlvariante. Da ich mir dies bereits dachte, sprach ich meiner alten Freundin aus Ausbildungszeiten auf, dass es länger dauerte mit unserem Wiedersehen, da wir aufgrund sagenumwobener 0,50 Cent das Parkhaus nicht verlassen könnten.
Samu begann unterdessen natürlich so ein richtig schönes Konzert durch das gesamte Blechkarrengebäude zu starten, weil er Hunger hatte. „Mir völlig scheiß egal, wie du das jetzt regelst, ich warte mit dem Kleinem im Auto“, fauchte ich meinen Mann an. Völlig am Ende mit meinen Nerven, musste ich nun auch noch den Mops im kalten Auto auspacken. Mein Tag war damit schon fast gelaufen. Netterweise bat mir meine Freundin via Sprachnachricht an, uns schnell Geld vorbei zu bringen, sie wohne ja schließlich nicht weit weg. In diesem Moment klopfte allerdings Samus Papa freudestrahlend ans Auto. Er hätte das Problem gelöst, wir könnten fahren. Männer sind wirklich Helden der Ablenkung, das muss an dieser Stelle gesagt werden. „Ja, du hast das Problem vielleicht lösen können, weil wieder jemand Mitleid hatte, aber schließlich hast DU es auch verbockt!“, hätte ich am liebsten laut gedacht, aber ich steckte es mir und war froh, dass wir nun doch noch einigermaßen pünktlich bei meiner alten Freundin, Seelenverwandten oder auch schon bekannt als Ersatzhebamme Diana aufschlagen konnten.
Eigentlich wollten wir uns tatsächlich nur kurz auf der Straße ein paar Worte zuschmeißen sowie die Kleinigkeiten, die ich für die Familie besorgt hatte, schließlich war ja noch Corona-Time. Aber wisst ihr was? Manchmal muss man im Leben auch mal auf ein paar Regeln verzichten oder sich zumindest in der Grauzone bewegen. Ich hätte sie ja mit meinem Kind besuchen können, aber mein Mann war eigentlich eine Person zu viel. Klar, hätte ich ihn vor ein paar Minuten am liebsten noch draußen geparkt, aber so sehr ich auch gleich auf die Palme klettere, reagiere ich mich zeitnah auch wieder ab, es sei denn natürlich man leistet sich größere Dinge.
So kam es, dass nun doch zwei Haushalte zusammenkamen. Diana und ich hatten uns mindestens 14 Jahre lang nicht gesehen und uns erst, seitdem mein Großer auf der Welt war, wieder öfter geschrieben. Es gab dafür keinen ersichtlichen Grund. Wir hatten keinen heftigen Streit oder so etwas, sondern verloren uns einfach nur eine ganze Weile aus den Augen, da jeder erst einmal seine eigenen Wege nach der Ausbildung ging. Nun wohnte sie in der Nähe der Klinik, also bot es sich förmlich an, wenigstens kurz „Hallo“ zu sagen.
Aus „Hallo“ wurden zwei wirklich tolle Stunden inklusiver Spaghetti Bolognese. Und was soll ich sagen, wenn sich Seelenverwandte treffen, ist es, als ob man sich erst gestern zum letzten Mal begegnet war. Wir tratschten, lachten, schimpften über dieselben Dinge, Situationen und Personen und waren uns dabei unglaublich vertraut. Und ich bin mehr als dankbar, dass es solche Menschen in meinem Leben gibt!