Nach 6-monatiger Überlegung bat ich schließlich doch die Krankenkasse mir einen Antrag für einen Pflegegrad zuzusenden. Ich hatte mich in der Facebookgruppe informiert und mit verschiedenen Personen via Whats-App Kontakt aufgenommen. Die meisten hatten für ihre Mäuse den Papierkram bewältigt und sogar Pflegegrad 2 für ihre Kinder U18 Monate erhalten.
Klar, auf der einen Seite will man sein Kind nicht in eine Schiene hineinpressen oder hat Angst, dass so ein Antrag Konsequenzen auf den Kindergarten oder die Schule haben könnte (Stichwort „Inklusion“), aber auf der anderen Seite erhält man hierbei ggf. auch Gelder, die man später eventuell gut gebrauchen kann. Ich denke dabei zum Beispiel an verschiedene Hilfsmittel, die Samu das Leben möglicherweise erleichtern: Lenkhilfen, Prothesen, Treppenlauf etc. – und wir wissen schließlich alle, dass wir in Deutschland zwar schon eine wirklich gute medizinische Versorgung haben, da vieles bezuschusst wird, aber ich will nicht irgendwelche Hilfsmittel für meinen Jungen, sondern die Besten und diese werden den ein oder anderen Euro Zuzahlung kosten. Aus diesem Grund rang ich mich also schließlich doch dazu durch, die Anträge zu stellen.
Ich muss zugeben, dass ich mir den Pflegeantrag komplizierter vorgestellt hatte, als er letztendlich war. Zu Beginn musste ich lediglich die Daten meines Sohnes eintragen und angeben, ob ich eine Geldleistung beantrage oder etwaige Pflegeleistungen in Heimen, Einrichtungen oder auch Zuhause in Anspruch nehmen will. Danach wurden Daten der Pflegeperson erfragt, die ich in diesem Fall sein werde.
Im Gespräch mit dem SPZ wurde uns geraten, nur einen Elternteil eintragen zu lassen, da es sonst schwierig wird mit der lieben Steuer und Co..
Anschließend musste ich einwilligen, dass die Befragung Dritter zulässig sei. Dies bedeutet ja im Prinzip nix anderes, als dass ich alle Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinde. Ehrlich gesagt, habe ich damit wirklich erhebliche Bauchschmerzen. Ich möchte nicht, dass Samu ein gläserner Bürger hinsichtlich seiner gesamten Krankengeschichte für die Versicherung ist. Auf der anderen Seite sieht man als Privatpatient ja auch, wie die Rechnungen gestellt werden und dort befindet sich immer eine Diagnose (das wird bei Kassenpatienten sicher nicht anders sein). Es stellt sich also vielleicht gar nicht die Frage, ob er dadurch gläsern wird oder ob wir es nicht alle bereits eh schon sind, unter dem Schutzdeckmantel des Datenschutzes natürlich, hust hust. Haltet mich bitte nicht für paranoid, weil ich aus der ehemaligen Täterä stamme, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Staat (oder wer auch immer) uns sehr viel besser kennt, als uns eigentlich lieb ist…
Sei es drum… Ich biss in den sauren Apfel und unterschrieb. Was blieb mir denn auch anderes übrig? Wenn ich es nicht unterschreibe, werde ich wohl keinerlei Chance auf Erfolg haben. Und so mache ich mir schon Hoffnungen, dass es wie bei vielen anderen betroffenen Kindern auch auf Pflegestufe 2 hinausläuft und ich somit Anspruch auf gewisse Gelder habe. Keine Sorge ich möchte davon nicht Urlaub in der Südsee machen, mit meinem Mann fett essen gehen und Champus saufen. Nein, ich würde gern die Euronen zur Seite legen, um meinem Kind das Bestmögliche zu bieten, sofern er es eben brauchen sollte.
Am Ende musste ich noch Angaben zu Samus Diagnose machen und aufführen, welche Beeinträchtigungen damit zusammenhängen. Da er jedoch aktuell erst 5 Monate alt ist, ist es eben schwierig zu beurteilen, inwiefern ich Hilfestellung werde leisten müssen, was das Ankleiden, das Essen, die Sauberkeitserziehung oder auch das Laufrad- oder Fahrradfahren anbelangt.
Das ganze Pamphlet der Krankenkasse umfasste aber insgesamt lediglich elf Seiten und bedurfte nur einer E-Mail, in der ich um Zusendung bat – Arbeitsaufwand inkl. Einlesen also an einem Vormittag bewältigbar; erstaunlich!
Selbstverständlich wurde mir eine Begutachtung mittels medizinischen Dienstes angedroht. Ehrlich gesagt hegte ich die leise Hoffnung, dass in Zeiten von Corona der ganze Quatsch online stattfinden würde (via Teams, Zoom u.ä.), damit mein Junge nicht wieder wie im Zoo beglotzt würde. Aber was soll ich sagen… Die Fallzahlen sind im Sommer natürlich, wie im vergangenen Jahr, niedrig und ich wäre ja auch nicht Sue, wenn mir irgendwann mal die Sonne aus dem Arsch scheint und ich, sowie meine gesamte Familie, einfach mal durchrutschen im System.
So meldete sich also ca. zwei Wochen später Frau Dr. W telefonisch bei mir, um einen Termin zu vereinbaren. Wie ich bereits mittels meines Handapparates feststellen konnte, war die Dame weder zu Scherzen aufgelegt, noch vertrug sie in irgendeiner Form gute Laune. So wurde ich, als ich mir den Namen W bestätigen lassen wollte, korrigiert, dass sie Frau Dr. W hieße. Das kann ja spannend werden, dachte ich mir nur so und freute mich ungemein auf Freitag…
Hierzu muss ich noch kurz anmerken, dass ich eine Besuchsankündigung zwei Tage im Vorfeld und dann noch an einem Freitagabend 17:30 Uhr eine Zumutung finde für Familien mit Kleinkindern. Ja, lieber medizinischer Dienst, schreibt das euch bitte ganz dick und fett als Kritik auf die Fahne, das geht gar nicht!!! Für gewöhnlich bereitet man zu dieser Zeit Abendessen vor, um dann mit seinen Winzlingen zu dinieren, sie zu waschen und in die Falle zu stecken und nicht um mit einer spaßbefreiten Dame des medizinischen Dienstes zu fachsimpeln, wie viel Pflegebedarf das Kind nun hat.
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