Es war ein Tag im November 2021, als ich mich schweren Herzens von meinem kleinen Schnuppi am Morgen verabschieden musste. Ich setzte mich ins Auto, um in die 60km entfernte Uniklinik zu fahren und heulte erstmal die Hälfte der Strecke.
Nur nicht vor den Jungs los plärren, denn mein Großer hätte mit knapp drei Jahren die Welt nicht verstanden und mein kleiner Mausbär merkt auch sofort, wenn bei Mama irgendwas nicht stimmt. Natürlich realisierte er es dennoch irgendwie. Besonders die nicht sprechenden Stinkis haben für negative Schwingungen noch besondere Antennen, denn der Abschied fiel besonders schwer.
So saß ich nun also in meinem weißen SUV- Schlitten und führte mir wieder einmal vor Augen, wie unwichtig plötzlich Status-Symbole wie Haus, Pool, großer Garten, Auto und Co. sind, wenn die f… Gesundheit den Bach runter geht. Wieder und wieder ging mir durch den Kopf, was ich denn nun tun werde, wenn die Ärzte dort dieselbe Diagnose stellen und ich eine komplexe OP mit langwierigem Klinikaufenthalt überstehen musste. Selbst wenn Unkraut nicht vergeht und ich das alles gut überstehen sollte, hatte ich ja mit mindestens fünf Wochen ungewollter Bett-Herumlümmelei zu rechnen. Wie sollte das gehen mit den Kids? Und Langeweile und Schmerzen waren dabei in meinem Gedankenkarussell die kleinste Sorge?
Und was wäre wenn… Es ist schwer, sich mit dem eigenen Tod gedanklich zu befassen, aber es musste sein. Ich hatte mit meinem Mann bereits darüber gesprochen, was alles zu erledigen wäre, wenn ich doch diese Operation mit ungewissem Ausgang über mich ergehen lassen musste. Es müssten nämlich hunderttausend verschiedene Dinge geklärt werden: Patientenverfügung (sofern ich zumindest aufwache), Notartermin zwecks Testament, Vorstellungen wie eine Beerdigung aussehen könnte etc. pp. – alles keine leichten Themen. Ehrlich gesagt, ist es ein richtiger Scheiß, sich darüber Gedanken zu machen, aber vielleicht sollte sich jeder diesen Themen widmen, denn tick tack, wann die Uhr abläuft, weiß niemand und dann stehen die Hinterbliebenen oft da (leider auch schon bei Freunden, Bekannten, Verwandten mitbekommen).
„Tief durchatmen“, sagte ich mir, bevor ich die heiligen Klinikhallen betrat. Hallen oder doch eher ein Labyrinth? Es fühlte sich eher nach Letzterem an, denn bevor ich mal zu der Abteilung durchgedrungen war, zu der ich nach den ganzen Coronagrenzkontrollen gelangen sollte, verging locker eine halbe Stunde.
In diesen Momenten lobe ich mir meine disziplinäre Erziehung, in der ich lernte: Viertelstunde vor der Zeit ist Soldatenpünktlichkeit. Obwohl es komischerweise bei meinen verballerten Freundinnen auch immer irgendwie funktioniert, wenn sie eine halbe Stunde zu spät kommen, also grundsätzlich… Während das bei denen aber locker flockig durchläuft, wäre der Frau Lo gesagt worden: „Tut uns leid, Ihren Termin können Sie jetzt nicht mehr wahrnehmen.“
So war ich also froh, als ich nicht ganz so abgehetzt bei der Anmeldung ankam. Dort hieß es selbstverständlich: Coronatest abgehen, Erstanamnesebogen ausfüllen, Pipi ins Becherchen machen und Blutabnehmen und dann zack zack zur Ultraschallsonografie in den Keller. „Danach kommen Sie wieder hoch zur Auswertung“, sagte mir die sehr freundliche Empfangsmitarbeiterin.
Also gut, ich schlappte halb neun los, um erneut eine Reise in unbekannte Gefilde zu wagen. Dass ich erst 13:30 Uhr das Tageslicht des dritten Stocks wieder sehen durfte, hätte ich mir so auch nicht vorgestellt, denn da wollte ich eigentlich längst meinen Großen vom Kindi abgeholt haben. Aber Erstens kommt es anders… – naja, ihr kennt das Sprichwort.