Eingewöhnung im Kindergarten – Erinnerungslücken sind das beste am Boden einer jeden Schnapsflasche

Oft ist es doch im Leben einfach so, dass alles anders kommt, als man denkt. So war es natürlich auch rund um Samus Kindergarten-Start.

Ich hatte eigentlich geplant, im zweiten Halbjahr wieder in den Lehrerberuf zurückzukehren, wurde aber Dank Corona ausgebremst. Obwohl ich eine mündliche Zusage seitens der Einrichtung hatte, erhielt ich die schriftliche Bestätigung dann erst für April 2022. Das war zunächst ein herber Schlag, denn ich musste nun bei meinem Arbeitgeber zurückrudern und den Beginn auf Mai verlegen. Vier Wochen Eingewöhnungszeit waren veranschlagt, sodass ich davon ausging, dass es zumindest mit Mai klappen wird.

Großer Denkfehler kann ich euch an dieser Stelle nur sagen. Denn das mein Kind andere Pläne hatte, berechnete ich absolut nicht ein. Rückblickend betrachtet, würde ich niemals den gleichen Fehler begehen und alles spitz auf Knopf planen. Samu war nicht sein großer Bruder und diese Tatsache hatte er uns doch nun schon mehrfach deutlich gezeigt.

Ich ging also völlig naiv davon aus, dass alles in vier Wochen perfekt seinen gewohnten Gang geht – Pustekuchen. Samu fand es zu Beginn völlig scheiße, dass er nun in einem Haus voller fremder Kinder abgeparkt werden sollte. Er ließ sich zwar darauf ein, dass er mit anderen Kindern spielte und akzeptierte in gewisser Weise auch seine Bezugserzieherin, aber ich durfte mich keinen Millimeter aus dem Raum bewegen. Er bekam dann Schreianfälle, die wir nur aus dem Säuglingsalter kannten. Das ging so weit, dass er sich übergeben musste.

Auch die Tatsache, dass Papa kurzerhand die Eingewöhnung weiter übernahm, änderte nichts an der Gesamtsituation. Die Bindung an beide Elternteile war so groß, dass er sich überhaupt nicht überzeugen lassen wollte.

Letztendlich musste mein Mann Sonderurlaub nehmen und aus vier Wochen Eingewöhnung wurden zwölf. Ich hatte ein mega schlechtes Gewissen, konnte aber den Schulstart so kurzfristig nicht noch einmal verschieben. Ich glaube, dass ich nicht übertreibe, wenn ich sage, dass diese Zeit eine absolute Zerreißprobe für alle darstellte.

Aus diesem Grund kann ich nur jedem aus eigener Erfahrung eindringlich davor warnen, Zeiträume mit Kindern zu kurz zu planen. Sie sind nun einmal keine Erwachsenen. Jedes Kind braucht seine individuelle Zeit. Was bei dem einen Kind kein Thema ist, kann bei dem anderen ein Entwicklungsprozess von mehreren Wochen sein. Und wir sollten unseren Kindern Gott verdammt nochmal die Zeit dafür geben.

Nie wieder würde ich Samu jemals wieder so eine seelische und emotionale Überforderung zumuten. Aber das Leben wird ja immer vorwärts gelebt und rückwärts gedacht. Vielleicht hilft aber mein Blogbeitrag anderen Müttern, über ihre Pläne nachzudenken. Gebt euch und euren Kindern einfach genügend Zeit für Veränderungsprozesse. Wenn es dann super läuft, ist es doch perfekt, dann habt ihre jede Menge gewonnene Me-Time 😊.

Samus Erzieherin machte uns auf jeden Fall deutlich, dass unser Kind auch für sie eine große Herausforderung darstellte und dass sie so etwas noch nie erlebt hätte. Dazu muss ich anmerken, dass die gute Frau doch schon das ein oder andere Jahr im Job verweilt. Samu war also ein Ausnahmetalent, wenn wir es mal positiv formulieren wollen. Hin und wieder sagte die Erzieherin spaßeshalber auch, dass sie am Abend erst einmal einen Schnaps bräuchte. „Vermutlich eher eine ganze Schnapsbrennerei“, dachte ich mir und erinnerte mich an zwölf Wochen Operngesang meines Jüngsten. Ich gedenke auf jeden Fall einen entsprechenden Korb zusammenzustellen, wenn mein Sprössling die Gruppe verlässt…

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