Die Untersuchung, die mein Leben veränderte

Vier Wochen später bestätigte sich nun das, was mein Innerstes immer versucht hatte, mir mitzuteilen: Mit meinem Baby war etwas anders.

Es war Mittwoch, der 02.09.2020 und ich war mal wieder in der Landeshauptstadt, um den sogenannten Fehlbildungsultraschall durchführen zu lassen. Die Coronazahlen waren zwar zu diesem Zeitpunkt rückläufig, dennoch durften keinerlei Begleitpersonen mit in die Praxen. „So verpasst mein Mann alles“, dachte ich mir nur und war deshalb schon ganz betrübt, denn bei meinem Großen war das ein tolles Erlebnis alle Organe, Händchen und Füßchen gezeigt zu bekommen. Der nette Dr. K versuchte mich noch aufzumuntern und erklärte mir erneut, dass es doch Wurscht sei, Hauptsache der Junge sei gesund. Ich lächelte nur und bat lediglich um ein Foto von Bettinerich für den Papa.

Nun wusste ich ja aus meiner ersten Schwangerschaft, dass dieser Ultraschall schon einige Zeit in Anspruch nimmt, aber keine 1,5h!!! Nach ca. einer Stunde wurde mir dann klar, dass hier etwas anders war. Es lag in der Luft, man konnte die Anspannung des Arztes förmlich spüren. Ich denke, dass er lange mit sich ringen musste, wie er es mir nun beibringen sollte. Bereits während der Untersuchung war Dr. K auffällig ruhig gewesen, sehr konzentriert und nicht mehr so zu Scherzen aufgelegt, wie ich es normalerweise von ihm kannte. Nun musste es gesagt werden….

Die dunklen Gedanken lassen sich nicht abschütteln

Am 05.08.2020 veränderte sich meine Welt wieder. Aus rosarotem Glitzer, den ich mir habe einreden lassen, wurden wieder dunkle Vorahnungswolken. Ich war mittlerweile in der 17.SSW und bei der Untersuchung stellte der Gynäkologe lediglich fest, dass aus Bettina ein Bettinerich wurde. „Ist doch egal, Hauptsache der Junge ist gesund“, scherzte mein Arzt noch. „Wenn Sie ein Mädchen wollen, müssen sie halt noch einmal ran!“. 

Es gab keinerlei Anzeichen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, es sei alles normal wurde mir versichert. Keinerlei Auffälligkeiten. Doch meine negativen Emotionen im Hinblick darauf, dass etwas nicht stimmte, nahmen wieder zu.

Termine ohne Diagnosen

Alles doch nur Einbildung?

Die nächsten Termine bei meinem Frauenärzte-Team in der Landeshauptstadt gestalteten sich dann sehr positiv. Der Fötus entwickelte sich plötzlich ganz normal und auch die Nackenfaltenuntersuchung in der 13.SSW war völlig unauffällig. 

„Ok Sue, du hast dir also doch die ganze Zeit etwas eingebildet!“, dachte ich mir nach und nach. Als ich dann noch träumte, dass mein Mann ohne mein Einverständnis nach der Entbindung unserem Mädchen den Namen „Bettina“ gab, war mein Kopf bereit zu glauben, dass ich mir alle negativen Emotionen nur eingebildet hatte und eine Schwangerschaft mit einem weiblichen Wesen deutlich mehr von Ängsten geprägt sei. Auch mein Umfeld bekräftigte diese Annahme immer wieder. Fortan wuchs also meine kleine Bettina in meinem Bauch heran und ich versuchte, schlechte Stimmungen wegzudiskutieren. Auch mein Großer machte mittlerweile Vorschläge für sein Geschwisterchen: „Lisa, Elisa, Manu, Ella, Lilly, Tina“. Woher er diese Ideen hatte? Ich weiß es nicht… Wir hatten ihn noch nicht einmal auf ein Mädchen eingestimmt. Wahrscheinlich war er mit dem Papa im Gespräch.

Meine Freundin Jacky setzte noch einen drauf (wohlwissend, wie toll ich den Namen Bettina fand…): „Mega Sue, Bettina Dörte – das wäre doch ein toller Name, oder? Bettina und dann noch eine Mischung aus Döner und Torte.“ – Ja, weltklasse!

Zweite Schwangerschaft

Die Vorahnung

Im Gegensatz zu meiner ersten Schwangerschaft wusste ich dieses Mal sofort, dass wir noch einmal das Glück hatten, Eltern zu werden. Aber dieses Mal war alles anders… Eine ganz komische Vorahnung beschlich mich von Anfang an. Immer wieder sagte ich zu meinem Mann, ich sei nicht sicher, ob es bliebe. Natürlich bekommt man da als Antwort, man solle sich nicht verrückt machen, denn was wird schon sein? Doch ich kenne meine tiefen Bauchgefühle leider immer besser und weiß, wann ich mir Dinge temporär einbilde und wann nicht.

Mein erster Termin beim Frauenarzt verstärkte diese Empfindungen nur umso mehr. Zehn Minuten lang suchte die Gynäkologin nach dem Fötus, der einfach nicht zu finden war. Sie meinte schon: Es tut mir leid Frau L, aber es handelt sich hierbei wahrscheinlich um ein sogenanntes „Windei“ – an dieser Stelle wäre ich Ärzten immer ganz dankbar, wenn sie noch ein paar Worte zu ihren Diagnosen verlieren könnten, denn es gibt sicherlich auch andere Menschen wie mich, die nicht alles in ihrer hypochonder Vorahnungspanik ergooglen, was es alles so gibt… 

Nach weiterem ewigen Gefummel in meinem Körper hieß es plötzlich doch: „Ach, hier hast du dich versteckt. Mh, du bist aber verdächtig klein, kann eigentlich nicht ganz sein in der 7.SSW.“ Ok, da war es wieder mein unglaublich schlechtes Gefühl…

Zuhause angekommen, konnte ich mich auch nicht wirklich freuen. Mein Mann natürlich schon, er war total im Glück und versuchte mich weiter zu beruhigen. „Wird sicherlich ein Mädchen, da beginnt das Sorgen machen halt schon ziemlich früh“, so seine Weissagung. „Vielleicht ist da ja etwas dran“, versuchte ich mir einzureden, aber die dunklen Gefühle verschwanden einfach nicht völlig.

Meine unterschiedlichen Schwangerschaften

Die Erste – unbeschwert ist nie verkehrt

Von meinem großen Sohn erfuhr ich erst in der achten Schwangerschaftswoche, denn die Ärzte überzeugten mich mehr oder weniger davon, dass ich nicht schwanger sein konnte. Ein sogenanntes PCO-Syndrom wurde bei mir diagnostiziert. Es hieß daraufhin, dass ich mich mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Kinderwunschklinik vorbereiten solle. Zehntausend Untersuchungen folgten – klar Privatpatient olè olè. Im Januar war ich schließlich bei einem Endokrinologen, also ein Arzt, der sich mit Hormonen wunderbar auskennt – denkt man zumindest. Drei Mal wurde mir Blut abgenommen, ebenso Urin. Was er mir verschreiben wollte, waren irgendwelche Tabletten für Diabetes Typ I Patienten, als Experiment!!! Was er nicht feststellte, war meine bereits existierende Schwangerschaft in der sechsten Woche. 

In meinem Leben habe ich mittlerweile eins gelernt, ich kann viele Sachen sicherlich nicht, aber was ich kann, das ist, mich auf mein Gefühl zu verlassen. Mein Innerstes schrie mich die ganze Zeit an: „Sue, du hast 15 Jahre die Antibabypille genommen! Es ist normal, dass du nicht in den ersten drei Monaten schwanger werden kannst. Lass dir keine Krankheiten einreden, die du nicht hast. Die verdienen nur an dir!!!“.

Gott sei Dank haben wir im Freundeskreis einen Arzt, den ich um Rat fragen konnte. Ohne ihn, der mir dringend vor der Einnahme der rezeptierten Tabletten abriet, wäre mein Sohn heute wahrscheinlich nicht auf der Welt. 

Nachdem ich den Valentinstag 2018 mal wieder verschwitzt hatte, ich aber hörte, wie mein Mann unten irgendetwas für mich vorbereitete, überkam mich, wie gefühlt jedes zweite Jahr (inklusive aller vergessener Jahrestage) ein unglaublich schlechtes Gewissen. „Wie schleiche ich mich jetzt an ihm vorbei und besorge noch fix etwas, ohne dass er mich sieht?“, fragte ich mich – Mission impossible, musste ich mir dabei eingestehen. Aber auch hier half mir meine Intuition weiter, denn ich spürte seit Wochen, dass etwas anders war. Mein Lieblingswein schmeckte plötzlich nicht mehr. Die Zigarette, die ich mir hin und wieder dabei gönnte, war widerlich. Und der Welpe, der nicht hören wollte und lieber im Schnee oder zu den Nachbarn verschwand, war mir unter meinen plötzlichen Spuckanfällen kurzzeitig auch völlig egal. „Ja, Sue, bestimmt etwas eingefangen. Ist ja schließlich Winter“, so redete ich mir die deutlichen Anzeichen aus, immerhin war ich ja beim Arzt, also beim Facharzt…

Dennoch überkam mich an jenem Mittwochmorgen das unglaubliche Gefühl, dass mich ein Schwangerschaftstest aus der Misere retten könnte. Fix noch ein: „Guten Morgen Schatz, komme gleich, mach‘ mich nur kurz frisch“, nach unten posaunt und schon war ich mit dem Schwangerschaftstest, der auch vor wenigen Tagen instinktiv in meinem Einkaufswagen landete, im Bad verschwunden. Diese Minuten, die dieses Ding braucht, um sich zu verfärben, können einen schon ziemlich lang vorkommen, obwohl man gerade einmal Zähne geputzt hatte. Gefühlt alle zehn Sekunden schaute ich darauf und ja, es wurde immer deutlicher: SCHWANGER. 

Kurzzeitig war ich völlig überfordert und musste mich erst einmal auf die Badewanne setzen, dabei aber aufpassen, dass ich nicht hinein plumpste. Klar, auf der einen Seite hatte ich nun auch endlich eine Überraschung zum Verknutschtentag, ohne noch einmal losfahren zu müssen, auf der anderen Seite war ich schwanger – ich, die sich erst in zwei Jahren mit dem Thema befassen wollte, da ich ja angeblich extrem schwer auf natürlichem Weg schwanger werden konnte.

Zwei Dinge gingen mir sofort durch den Kopf: 1. Du hast neulich noch mit deinen Freunden Kuba befreit, 2. Du wurdest an deine absolute Wunschschule zurückversetzt und jetzt bist du schwanger.

Egal! Nachdem ich mich einige Minuten gesammelt hatte, war mir klar, dass mein Freund und ich das schon alles hinbekämen, das Baby pudelgesund sein wird und meine Feier-Eskapaden mit Eva und Uli keinerlei Auswirkungen auf die Gesundheit des Neugeborenen haben werden. Woher ich das wusste? Das kann ich wie immer nicht beantworten. Ich hatte es im Gefühl oder auch im Urin, wie man manchmal so schön sagt.

Nachdem auch mein Schatz, auf den in ein Küchentuch eingewickelten Test mit: „Coolio“ reagierte, war die Sache geritzt und ich erlebte 39 Wochen die unbeschwerteste Schwangerschaft aller Zeiten. Ich sorgte mich nicht, es zwickte nirgendwo (ich strich sogar in der 39.SSW noch ein komplettes Zimmer allein in unserem Haus) und wir waren als Paar einfach nur HAPPY – Liebe + Baby + Hund + Haus mit Garten = glückliche Familie.

Warum dieser Blog

Inspiriert wurde ich durch einen anderen Blog, von dem ich durch die Facebook-Gruppe Ahoi e.V. erfuhr. Ich hatte zwar bereits angefangen zu schreiben, war mir aber nicht sicher, ob es richtig ist, meine Erfahrungen, Gefühle und privaten Dinge mit einer breiten Öffentlichkeit zu teilen. Julia (Juli’s Blog) machte mir diesbezüglich mit ihren Beiträgen Mut. Ein paar Monate verfolgte ich ihre Artikel, bei denen ich regelmäßig weinen musste.

Ich denke heute, dass es wichtig ist, sich auszutauschen, denn das Internet ist bezüglich unserer Geschichten noch ziemlich leer. Mittlerweile haben es immer mehr farbige Menschen ins Fernsehen geschafft, auch hinsichtlich der unterschiedlichen Religionen wird mehr Toleranz geübt – ein positiver Fortschritt. Menschen mit Einschränkungen hingegen sieht man selten, auch liest man zu wenig über sie.

Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, mein Privates mit Menschen zu teilen, die das gleiche Schicksal ereilt hat und uns damit vermutlich ähnliche Ängste, Sorgen, Wünsche, Hoffnungen sowie Erfahrungen verbinden und bewegen, aber auch Menschen Einblicke in ein Leben mit einem kleinen Kind zu gewähren, dass für die meisten in unserer Gesellschaft sicherlich als nicht 100% perfekt beschrieben werden würde. Ich will gerade im Hinblick darauf, vielen Betroffenen Mut machen.  Natürlich sind auch alle diejenigen herzlich willkommen, die sich einfach nur für meinen Blog interessieren. Ich denke heute, dass es wichtig ist, sich auszutauschen, denn das Internet ist bezüglich unserer Geschichten noch ziemlich leer.

Bloganfängerin

Da ich im Bereich das Bloggens blutige Anfängerin bin, bitte ich um Nachsicht – aber wie heißt es so schön: from zerotohero. Ich hoffe natürlich niemanden in irgendeiner Form zu nahe zu treten oder sie/ihn mit ehrlichen Erfahrungen und Emotionen zu verunsichern. Es ist nicht meine Intention mit dieser Seite Geld zu verdienen, weshalb ich einfach nur versuche, das wiederzugeben, was ich in den jeweiligen Situationen und Momenten für mich und mit meiner Familie erlebt und gefühlt habe. Dabei distanziere ich mich absichtlich von hochwissenschaftlichen Abhandlungen oder Fachbegriffen sowie vom unverständlichen und von vielen gehassten „Lehrer-Deutsch“.

Gern könnt ihr mir natürlich Kommentare, Hinweise, Ratschläge zusenden. Auch über positive Rückmeldungen oder Kontakte würden wir uns sehr freuen.

Namen von Ärzten habe ich nur mit einem Anfangsbuchstaben wiedergegeben, sodass keine Rückschlüsse ohne vorherige Einverständniserklärung gezogen werden können. Aus diesem Grund habe ich mich auch bemüht, auf die Nennung von Städtenamen zu verzichten. Dies betrifft nicht die Fachärzte, die auch auf zahlreichen Internetseiten im Hinblick auf die Handchirugie zu finden sind.