Tagelange Ohnmacht

silhouette of tree near body of water during golden hour

Ich konnte mich überhaupt nicht beruhigen und bewunderte meinen Mann, wie er in den nächsten Stunden und Tagen alles regelte. Er versorgte meinen noch nicht einmal Zweijährigen, kümmerte sich um unseren vierbeinigen Freund und Mitbewohner und ließ mich einfach still vor mich hinvegetieren. Ich wollte niemanden sehen, niemanden hören oder geschweige denn irgendwelche Fragen beantworten. Natürlich riss ich mich hin und wieder zusammen, wenn meine kleine Maus zu seiner Mama wollte, aber sobald er durch Opa und Oma bespaßt wurde, die glücklicherweise nebenan wohnen, heulte ich wieder in meine Kissen und hoffte, dass dies einer dieser furchtbar realen Albträume ist, aus denen man panisch erwacht und von denen man sich den halben Tag erholen muss.

Doch ich wachte nicht auf, im Gegenteil, ich erwachte Tag für Tag aufs Neue und mir wurde immer bewusster, dass ich mich von meiner total irrationalen Hoffnung verabschieden musste, dies alles nur geträumt zu haben. Also begann ich mich einzulesen in die Thematik „Handfehlbildung“. Ich las und las und habe wohlmöglich in zwei Tagen ein wissenschaftliches Studium in diesem Bereich absolviert. Dies wurde mir bei dem Pränataldiagnostiker, bei dem ich am Freitagmorgen einbestellt war und zu dem mich gnädigerweise mein Mann begleiten durfte, bewusst. Meine allergrößte Hoffnung war dabei natürlich, dass eine Zweitmeinung zu einem völlig anderem Ergebnis führt oder zumindest zu einem abgemilderten. Da ich absolut JEDES Bild zur Symbrachydaktylie, dass im Internet veröffentlicht wurde, kannte, hegte ich vorsichtigen Optimismus, dass die Handwurzelknochen, die Mittelhand und vielleicht doch einzelne Finger wie beispielsweise der Daumen vorhanden sein könnten. Inwiefern diese Erwartung zerstört werden würde, sollten die nächsten zwei Tage zeigen.

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