„Och, das ist ja süß“

In der Teststation angekommen, erklärte man uns, dass das Testen nicht mehr einfach so kostenlos sei, sondern, dass man einen speziellen Grund bräuchte, z.B. Besuch eines Angehörigen im Pflegeheim, Termin im Krankenhaus oder auch aufgrund eines vorliegenden Pflegegrades. Warum Letzteres dazu gehörte, erschließt sich mir nicht unbedingt, aber egal. Es bedeutete nun für uns 30 Euro locker zu machen oder unverrichteter Dinge wieder heim zu fahren.

Gott sei Dank, war die junge Studentin/Aushilfskraft sehr kooperativ und so überlegten wir gemeinsam, wie wir jetzt die ganze Sache vergünstigen könnten. Mein Mann musste nicht getestet werden, das übernahm sein Arbeitgeber. Bei mir fiel uns ein, dass ich mich aus der Quarantäne, die es ja eigentlich offiziell auch schon nicht mehr gab, heraustesten müsste. Ja, und bei Samu fiel bei mir plötzlich auch der Groschen, er hatte ja einen Pflegegrad.

Das Mäuschen hinter dem Tresen war dieser Umstand aufgrund der Winterkleidung, die meine Kinder trugen, noch gar nicht aufgefallen. Ich zeigte ihr nur Samus kleine Hand und sagte: „Pflegegrad“, indem ich mir wieder auf die Zähne biss, da mir die Tränen in die Augen schießen wollten. Warum kann ich euch gar nicht sagen, denn ich würde echt behaupten mittlerweile in die Akzeptanz gekommen zu sein. Vielleicht ist es doch ein tiefsitzender Schmerz, der einfach noch nicht geheilt ist und der Zeit braucht. Vielleicht ist es aber auch immer die Angst vor der Reaktion der Leute – ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Denn ich liebe mein Kind in der Tat wie es ist.

Die junge Dame schaute weder irritiert, noch abwertend, noch sonst irgendwie negativ. Sie wirkte auf mich in diesem Augenblick eher medizinisch interessiert. Ihr Kommentar war im Anschluss allerdings sehr überraschend: „Och, das ist ja süß! Na dann haben wir ja noch einmal gespart“. Ich war wieder etwas sprachlos, allerdings positiv. Obwohl die Reaktion sicherlich komisch anmutet, war sie in diesem Moment gut für mich, denn mein Kind wurde nicht aufgrund seiner körperlichen Einschränkung mit Blicken oder Kommentaren abgewertet. Das half mir sehr.

Natürlich waren meine Kinder auch positiv und nicht in der Lage, in den Kindergarten zu gehen. Wenigstens konnten wir Weihnachten im Kreis der Familie feiern, die erst am 24.12. anreisen konnten, da wir einen Tag vorher noch die Seuche am Hals hatten. Das war dann wirklich „sehr süß“, denn meine Jungs freuten sich wie die Schneekönige, dass Oma und Opa nun doch kommen konnten.

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